Historische Ereignisse werden im Unterricht in den verschiedensten Fächern und unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten – historisch faktenbasiert, ethisch/philosophisch oder unter religiösen Aspekten – theoretisch vermittelt. Dies kann mittels außerschulischer Lernorte unterstützt werden. Aus diesem Grund haben wir uns am 13. und 14.01.2025 mit insgesamt 4 Klassen auf die Reise zur Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein begeben. Dieser außerschulische Lernort bot uns die Möglichkeit, den Ort eines grausamen Verbrechens zur Zeit des Nationalsozialismus zu besuchen und das bereits erworbene theoretisches Wissen mit den dort gewonnen Eindrücken und Information zu koppeln und zu verdeutlichen.

Zur Geschichte der Gedenkstätte:

„Im Frühjahr 1940 ließ die Berliner „Euthanasie“-Zentrale in einem abgeschirmten Teil des ehemaligen Anstaltsgeländes Pirna-Sonnenstein eine Tötungsanstalt einrichten. Im Keller eines ehemaligen Männerkrankengebäudes wurde eine Gaskammer installiert und ein Krematorium eingebaut. Der vier Häuser umfassende Komplex wurde an der Parkseite durch einen hohen Bretterzaun von dem übrigen Gelände abgegrenzt, um die Vorgänge im Innern zu verdecken.

Ende Juni 1940 nahm die Vernichtungsanstalt ihren Betrieb auf. Ihr Leiter wurde Horst Schumann (1904-1983), ursprünglich Amtsarzt in Halle a. S., der zuvor schon die Tötungsanstalt Grafeneck in Württemberg geleitet hatte. Ihm unterstanden neben vier weiteren Tötungsärzten (Kurt Borm, Klaus Endruweit, Curt Schmalenbach, Ewald Worthmann) u. a. Pfleger und Schwestern, Fahrer, Standesbeamte und Bürokräfte, insgesamt etwa 100 Personen.

Nach Passieren des bewachten Eingangstores der Tötungsanstalt wurden die Opfer vom Pflegepersonal im Erdgeschoss des ehemaligen Paralytikerhauses­ – nach Männern und Frauen getrennt – in je einen Aufnahmeraum gebracht. In einem weiteren Raum wurden sie einzeln in der Regel zwei Ärzten der Anstalt vorgeführt, die die Identität der Opfer überprüften sowie eine fingierte Todesursache festlegten. Anschließend führte das Pflegepersonal jeweils 20 bis 30 Menschen unter dem Vorwand, es ginge ins Bad, in den Keller und kurze Zeit später in die als Duschraum mit mehreren Brauseköpfen an der Decke hergerichtete Gaskammer. Dort wurden sie mit Kohlenmonoxid ermordet.

Nach dem Absaugen des Gases zogen die Leichenverbrenner die Leichen aus der Gaskammer heraus und verbrannten sie in zwei von der Berliner Firma Kori gelieferten Öfen. Zuvor wurden ausgewählte Patienten seziert und vorhandene Goldzähne herausgebrochen. Die Asche der Opfer lagerten die Leichenverbrenner auf der Anstaltsdeponie ab oder schütteten sie einfach hinter dem Haus den Elbhang hinunter.

Das Sonderstandesamt Sonnenstein versandte an die Hinterbliebenen eine Sterbeurkunde mit gefälschter Todesursache und einen standardisierten „Trostbrief“. Auf dem Sonnenstein wurden Frauen und Männer aller Altersstufen ermordet, darunter etwa 700 Kinder und Jugendliche, die unter anderem aus dem „Katharinenhof“ im sächsischen Großhennersdorf und aus der Landesanstalt Chemnitz-Altendorf stammten. Die auf dem Sonnenstein getöteten Kranken kamen vor allem aus Sachsen, Thüringen, Franken, dem Sudetenland, Schlesien sowie aus Ost- und Westpreußen.

Am 24. August 1941 ließ Adolf Hitler die „Aktion T4“ vor allem aus innenpolitischen Gründen mit sofortiger Wirkung einstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren im Rahmen der „Aktion T4″ in Pirna-Sonnenstein insgesamt 13 720 psychisch kranke sowie geistig und körperlich behinderte Menschen vergast worden.“

Areal der ehemaligen Tötungsanstalt Sonnenstein (Bildmitte Haus C 16), Luftbild 1994 (Foto: Archiv der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein)

Quelle: https://www.stsg.de/cms/pirna/histort/krankenmord_auf_dem_sonnenstein  (22.01.2025)

Unsere Exkursion begann jeweils um 07:40 Uhr mit der Abfahrt des Busses des Busunternehmens Scheibner an der Oberschule am Steegenwald. Nach einer etwa 1,5 stündigen Anreise wurden wir von den Mitarbeitern und Referenten der Gedenkstätte herzlich empfangen. Nach einem sehr informativen Vortrag zur Geschichte der Gedenkstätte, wurden wir durch die noch erhaltenen Räume der Tötungsanstalt sowie das Außengelände geführt.

Im praktischen Teil der Exkursion fanden sich die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen zusammen und beschäftigten sich mit einem ihnen zufällig zugeordneten Einzelschicksal genauer. Ziel war es, für jedes der zu erforschenden Einzelschicksale eine Gedenktafel zu gestalten. Dazu erhielten die Schülerinnen und Schüler umfangreiches Textmaterial, wie Lebensläufe, Auszüge aus Krankenakten, Trostbriefe, sowie Bildmaterial. Zudem bestand die Möglichkeit, sich innerhalb der Gedenkstätte selbständig zu informieren. Motiviert, interessiert und zielstrebig wurde an der Aufgabe gearbeitet.

Nach einem sehr eindrucksvollen, lehrreichen und zum Teil auch emotionalen Tag, traten wir um 13 Uhr die Rückreise an. In der darauffolgenden Unterrichtsstunde fand die Auswertung der Exkursion im Unterricht statt. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Möglichkeit, ihre Eindrücke und Gedanken zum Besuch der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein zu schildern, weitere Fragen zu stellen, zu diskutieren und ihre Gedenktafeln vorzustellen. Viele tolle Ergebnisse sind entstanden, welche in Form einer kleinen Ausstellung im Schulhaus sichtbar gemacht wurden.

Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden: Landesservicestelle Lernorte des Erinnerns und Gedenkens, Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Busunternehmen Scheibner, allen Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 9 und der Klasse 8c sowie bei allen begleitenden Lehrerinnen und Lehrern.